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22. April 2007

 

Der Sudan teilt mehr als eine Grenze mit Ägypten ...


Nubien

Nubien, der Landstrich südlich des ersten Nilkatarakts, war eigentlich schon immer die natürliche Grenze Ägyptens. Dennoch saßen auch nubische Könige auf dem Thron des dynastischen Ägyptens. Dies war die Zeit der „schwarzen Pharaonen“, so zwischen 750 und 660 v. Chr. Psammetich II beendete dies Ära mit großem Getöse und machte aus Nubien wieder das, was es bereits früher lange Zeit war: Eine Kolonie.

Heute ist mit Nubien (oder dem Land Kusch) der nördliche Sudan gemeint und die historische Ausdehnung erstreckt sich vom ersten Nilkatarakt im Norden bis zum vierten Nilkatarakt im Süden, bis ca. 150 Km vor Khartum. Mindestens am dem Neuen Reich war Nubien so etwas wie eine ägyptische Kolonie, man unternahm Expeditionen, beutete aus, brachte Menschen und Rohstoffe (vor allem Gold) ins heimische Reich. Die eigenständige kulturelle Entwicklung wird heute langsam augenscheinlich, vor allen Dingen auf der Insel Sai, in der Nekropole von Meroë, den alten Hauptstädten Kerma und Napata sowie rund um den Gebel Barkal. Bildbände und (wenige) Dokumentationen erzählen von der langen und bewegten Geschichte des unwirklichen Landstrichs zwischen den Katarakten des ewigen Nils. Bedingt durch die gnadenlose Armut der Bevölkerung im heutigen Sudan, die nahezu unendlich wirkenden Bürgerkriege (auch Stellvertreterkriege) um Ölvorkommen und religiöse Irritationen, die Definition des Landes als „Schurkenstaat“ und die höchst schwierige politische Situation, lassen historische und archäologische Aktivitäten weit in den Hintergrund treten. Meldungen aus dem Sudan haben nur ganz selten einen kulturwissenschaftlichen Hintergrund. Und das Heer von über vier Millionen Flüchtlingen, das sich verhungernd durch das Land quält, macht dies auch verständlich.

Dennoch, der heutige nördliche Sudan hat große Teilhabe an bewegten historischen Momenten. Fürsten auch Kusch (kulturwissenschaftlich eigentlich „Jam“) stellten einige Jahrhunderte die Pharaonen auf dem ägyptischen Thron. Psammetich II beendete die Regentschaft der „schwarzen Pharaonen“ erst 660 v. Chr. Durch einen schmerzlichen und gnadenlosen Feldzug. Der damalige „schwarze“ Pharao Taharka wurde bei seiner Hauptstadt Kerma (ca 500 Km nördlich des heutigen Khartum) geschlagen, die ihn zeigenden Monumentalfiguren geköpft und in tiefen Gruben verscharrt. Erst vor wenigen Jahren hat sie der Schweizer Charles Bonnet wieder als Tageslicht befördert und rekonstruiert. Bereits 1916 fand der Amerikaner Georg Reisner ähnliche Schächte mit zerschlagenen Figuren am Gebel Barkal (unweit des vierten Katarakts), die Funde sind aber schlecht erhalten. Nach altägyptischen Vorstellungen vernichtet die Zerschlagung der figürlichen Darstellung auch die Persönlichkeit des Betreffenden. Psammetisch II wollte auf Nummer sicher gehen. Folglich wurde Taharka auch nicht in die Königslisten aufgenommen, Psammetich II (dann selbst Pharao) trug seinen eigenen Namen in die Regierungszeit ein, die eigentlich Taharka gebührte.

Nubier Taharka

Das Bild auf der linken Seite zeigt Pharao Ramses II - praktisch stellvertretend für unzählige ähnliche Abbildungen - wie er gefangene Nubier am Schopf packt. Die Gestik ist eindeutig und obgleich der Pharao oftmals größer abgebildet wurde, ist die geringe Größe der "Untermenschen" hier besonders augenscheinlich.

Das Bild auf der rechten Seite zeigt Pharao Taharka, einen der "scharzen Pharaonen", dessen Regentschaft durch Psammetich II, 660 v. Chr. beendet wurde. Damit ging auch die Ära der nubischen Herrscher endgültig zu Ende.

Die Nubier, aus deren Reihen sich die „schwarzen Pharaonen“ rekrutierten, waren aus altägyptischer Sicht quasi traditionell „Untermenschen“. Zahlreiche Reliefs an diversen Tempelwänden in Ägypten zeigen sie mit den typischen Gesichtszügen (z. T. stark übertrieben afrikanische Ethnie) an den Haaren zusammengebunden, in den Staub getreten. Beliebt war auch die Darstellung auf den Sohlen von Sandalen (auch Grabbeigabe im Grab des Tutenchamun), war die Stellung der Menschen aus dem Land Kusch besonders deutlich macht. Nubien war Goldland und wurde im kolonialistischen Stil ausgebeutet, ansonsten war die Feindschaft groß.

Die „schwarzen Pharaonen“ hatten weit weniger Berührungsprobleme mit ihren nördlichen Nachbarn. Während (aber auch vor) der nubischen Herrschaft wurden ägyptische Traditionen, Kunsthandwerk, Totenglauben und der Baustil der Nekropolen aus Ägypten übernommen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang die weitläufige und grandiose Nekropole bei Meroë zu nennen. Alleine hier finden sich mehr (freilich kleinere und mit wesentlich steilerem Böschungswinkel versehene) Pyramiden, wie in ganz Ägypten. Ca. 300 v. Chr. entstand im Dunstkreis von Meroë dann allerdings eine eigene, aus Kursivbuchstaben bestehende Schrift. Abgesehen davon, dass sie bis heute kaum entziffert werden konnte, ist dies ein deutlicher Hinweis dafür, dass sich der „Süden“  vom „Norden“ unbeachtlich der vielschichtigen Historie kulturgeschichtlich abzulösen begann. Denn eines darf keinesfalls unbeachtet bleiben. Schon vor der Kolonialisierung Nubiens durch das dynastische Ägypten, entwickelte sich im heutigen nördlichen Sudan eine Kulturgesellschaft. Langjährige Unterdrückung, Ausbeutung und Kriege nahmen natürlich Einfluss auf die dortige Entwicklung.

Bereits im dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. entstand in Unternubien (südliches Nubien, ca. 100 Km nördlich von Khartum) die Urbanisierung der Steppengebiete. Die Rinderzucht war wohl die tragende Strategie. Die Bestattungen – kulturgeschichtlich oftmals die einzige Rekonstruktionsmöglichkeit – fanden in Grabgruben statt, diese wurden mit Steinplatten abgedeckt und waren durch Aufschützung weithin als Tumulus sichtbar. Auch Grabbeigaben konnten nachgewiesen werden. In Obernubien (nördliches Nubien, ca. 350 Km nördlich vom Khartum) entstand etwa zur gleichen Zeit langsam die sogenannte „Kerma-Kultur“, aus der dann später die „schwarzen Pharaonen“ erwuchsen. Hier wurde bereits um 2800 v. Chr. eine „soziale Differenzierung“ deutlich, was nichts anderes bedeutet, dass Gruppen von sesshaft gewordenen Menschen von Stammesfürsten „regiert“ wurden und soziale Schichten sich bildeten, was wiederum anhand unterschiedlich ausgestatteter Gräber belegt werden kann.

Eine Totenstadt erwacht ...

Die Neuzeitliche Entdeckung von Meroë begann wie so oft aus Abenteuerlust und der Suche nach Gold und/oder Grabschätzen – schließlich war das Gebiet zwischen dem ersten und dem vierten Nilkatarakt schon im dynastischen Ägypten für seine Bodenschätze berühmt. 1834 hat der Italiener Giuseppe Ferlini die Nekropole (steilwandige Pyramide) der Königin Amanishheto mit vergleichsweise schwerem gerät bis auf den Stumpf geschliffen, auf der Suche nach dem wertvollen Edelmetall. Er fand dabei den Grabschatz der toten Königin, schmuggelte ihn nach Europa und verhökerte praktisch den gesamten Fund, Teile davon auch an König Ludwig I von Bayern. Ein Jahrzehnt später näherte sich die Expedition um Richard Lepsius der Nekropole von Meroë zumindest annähernd aus wissenschaftlichem Interesse.

Meroe Meroe1 Meroe2

Die obigen Bilder zeigen die Nekropole Meroe aus verschiedenen Blickwinkeln. Die beeindruckenden Rekonstruktionen sind eine
Augenweide. Die größte rekonstrukturbareHöhe der steilwandigen Pyramiden betrug ca. 65 Meter, der Kern bestand aus Schutt, den
eine Schale aus behauenen Steinen umgab. Diese Schale wiederum war mit Ornamenten verziehrt, die in eine Stuckschicht geritzt
und anschließend bemalt wurden. Gut zu erkennen sind auch die Nischen und Tempelportale im "ägyptischen Stil". Dieser zeigt sich
auch bei der Ausschmückung der Tempelpylone, die in der Regel Triumpfszenen zeitgt. Auch bei den Pyramiden im Norden des
Sudan, wurden die Grufträume unterirdisch angelegt. Nicht ganz klar belegt sind die Hinweise auf Menschenopfer in der Grüften der
Pyramiden und den Tempeln.

Mit einigen Unterbrechungen wird in und bei Meroë seit 1976 archäologisch fundiert gegraben und konserviert. Der Berliner Architekt Friedrich Hinkel rekonstruiert die steilwandigen Pyramiden mit großem Erfolg und konnte schlüssig dokumentieren, dass die beeindruckenden Bauwerke einst auf den Außenwänden mit bunten Ornamenten bemalt waren. Die sudanesische Bevölkerung (wegen der gnadenlosen Armut verständlicherweise) sowie die sudanesische Regierung (unverständlicherweise) nehmen kaum Notiz von dieser grandiosen Hinterlassenschaft im Norden des Landes. Zumindest aber werden ausländische Grabungskampagnen akzeptiert und (wohl) in der Hoffnung auf touristische Einnahmen sogar forciert. Bis zu 30 internationalen Teams arbeiten in der Region, darunter auch das von Dietrich Wildung (Ägypt. Museum Berlin), das vor einiger Zeit die Meroiten-Stadt Nage freigelegt hat.

Der Sudan war, ist und bleibt in vielerlei Hinsicht problematisch. Sind archäologische Aktivitäten im Norden zumindest möglich, bleiben die Areale im Süden des Landes wegen der anhaltenden Bürgerkriege praktisch ausgeschlossen. Und durch das gesamte Land zieht ein Millionenheer an Flüchtlingen – das größte Weltweit.

Es ist, als wiederhole sich die Geschichte. Im dynastischen Ägypten ging es um das Gold aus dem Land Kusch, heute geht es (überwiegend) um die intensiven Ölvorkommen im Sudan. Der Boden aber bleibt der gleiche und das Leid trägt wie immer die Bevölkerung.

In aller Kürze erwähnt ...

Da ist zunächst die Insel Sai. Die aräologische Arbeit hat vor wenigen Jahren erst wirklich begonnen und bereits jetzt wird wohl deutlich, dass dort Spuren aus allen Epochen der Menschheit vergesellschaftet vorgefunden wurden. Dies gilt sowohl für die Frühgeschichte der nubischen Zivilisation wie auch die Urgeschichte der Menschheit an sich.

Zwsichen dem zweiten und dritten Nilkatarakt liegt ein regionaler Hauptort des sudanesischen Nubiens, Sedeinga ist praktisch noch unerforscht, lediglich seine herausragende Stellung wird in einigen fragmentarischen Überliederungen herausgestellt. Das Klima südlich der Steinwüste von Batn el Hagar ist rau, oft streichen heiße Stürme über die Ebene, die an das Becken von Dongola grenzt, wo das "Land Kusch" eigentlich beginnt und in dem die ehemaligen Hauptstädt Kerma und Napata lagen.

 

 

 

 

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