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01. März 2007

 

Das Tal der Könige - Teil 1 ...


 "Und sie gingen aufwärts zum Tal der Könige, um einen Platz für das Grab des User-maat-Re setepen-Amun (Ramses IV) zu suchen"

 Ostrakon Inschrift, 20. Dynastie.

Vorbemerkungen: 

Biban e-Moluk - Das Tal der Könige. Dies ist die letzte Ruhestätte der Pharaonen, der Gottkönige des Neuen Reiches. Das Tal und seine einzigartigen Grabanlagen war einst das bestgehütete Staatsgeheimnis im Alten Ägypten und gleichzeitig das Ziel von Grabräubern und Schatzsuchern aus der ganzen Welt. Dies war in der Alten Zeit schon so und daran hat im Grundsatz auch bis heute nichts geändert. Im Tal der Könige wurden große Triumphe der Archäologie gefeiert und auch erfolglose Bemühungen der Wissenschaft beweint. Biban el-Moluk hat viel erlebt in seiner unendlich langen Geschichte und trotz drohender Klimaveränderungen und ganzen Heerscharen von Touristen, Archäologen, Studenten und Arbeitern kaum etwas von seiner beinahe mystischen Ausstrahlung und Faszination verloren. Alleine die schroffen Felswände, überragt von el-Qurn, der pyramidenförmigen Spitze, die das Tal weithin sichtbar macht, die tiefen Einschnitte der Seitentäler, die unbarmherzige Hitze und das vollkommene Fehlen jeglicher Vegetation hinterlassen bleibende Eindrücke, von der unvergleichlichen Faszination der eigentlichen Königsgräber von Theben ganz zu schweigen. Große Namen begleiten das Tal schon von Beginn an: Ramses, Sethos, Thutmosis, Tutanchamun in der Alten Zeit und Carter oder Lord Carnarvon in der jüngeren Vergangenheit. Ohne den heutigen, modernen Archäologen zu nahe treten zu wollen, die Mystik die diese schillernden Figuren des früher 19. Jahrhunderts umgibt werden unerreicht bleiben.

Tal der Könige Grabkammer Tutmosis

links: Tal der Könige; rechts Grab Thutmosis III, 18.Dynastie, um 1430 v. Chr.

Zum vergrößern jeweils anklicken.

Thutmosis I führte ab der frühen 18. Dynastie die lange Reihe der Herrscher an, die ihre Grabstätte in dem abgelegenen Tal auf der Westseite des Nil gefunden haben. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer größere und komplexere Grabanlagen in den weichen Kalkstein getrieben, immer darauf bedacht die so entstehenden Gräber für die Ewigkeit zu errichten und als immerwährendes Geheimnis zu hüten. Die unglaublich wertvolle Grabausstattung und die bunten und magischen Reliefs an Wänden und Decken sollten Gefährten auf der Reise zur Unsterblichkeit sein und das Leben nach den Tod so angenehm wie möglich gestalten.  

So sehr versucht wurde das Tal und seine Gräber geheim zu halten, so groß war die Versuchung die Reichtümer der Gottkönige zu stehlen. Bereits zu Beginn der 21. Dynastie wurden die meisten der Gräber durch die in dieser Zeit herrschenden Priesterkönige (man könnte auch sagen durch den Staat selbst ;-)) systematisch geplündert, um mit den eingeschmolzenen Edelmetallen wirtschaftliche Engpässe zu lindern. Die Mumien der Gottkönige selbst wurden, ihrer Insignien beraubt, in einem Schachtgrab bei Deir el-Bahari erneut bestattet. Erst 1881 wurden sie dort durch einen Zufall neu entdeckt. 

Aber auch die Gräber selbst sowie die wunderbaren Wandreliefs wurden Jahrhunderte vernachlässigt, was man ihnen auch heute deutlich ansieht. Und die Touristenmassen der vergangenen Jahrzehnten verbesserten den angeschlagenen Zustand der Gräber auch nicht unbedingt; da wurden Stücke aus der Wänden gebrochen, allerlei Graffiti an die Wände geschmiert und die Atemfeuchtigkeit rief Fäulnis und Schimmel auf den Plan.  

Erik Hornung brachte das Problem 1991 auf den Punkt, als er formulierte: "Schon bald nach seiner Entdeckung im Jahre 1817 litt das Grab Sethos' I unter Feuchtigkeit und mutwilliger Zerstörung (...) Die einstmals so leuchtenden Farben sind von einer dicken Schmutzschicht bedeckt und an vielen Stellen ganz verschwunden." 

Erst in den letzten Jahren wird versucht zu retten was noch zu retten ist. Dennoch: Das Tal der Könige und die Gräber der einst mächtigsten Herrscher dieser Welt sind alleine schon eine Reise nach Ägypten wert - hundertprozentig ! 

Plan des Tales

Übersichtsplan. Grundriss nach dem ersten umfassenden Survey in Juni 1927. Die Gräber Amenophis' III und Aja (Eje) fehlen. Lage der Gräber nach E. Hornung. Grafische Aufbereitung und Copyright, Chr. Jaques

Zum vergrößern bitte auf den verkleinerten Plan klicken.

Nachstehend haben wir einige der Königsgräber ausgewählt und im Grundriss dargestellt:

Thutmosis
Haremhab Ramses

Wie wir bereits sagten, begannen die Pharaonen der frühen 18. Dynastie ihre Grabanlagen auf der Westseite des Nil (Theben West auf Höhe des heutigen Luxor in Mittelägypten) anlegen zu lassen. Es kann wohl als sicher gelten, dass diese Entscheidung sehr eng mit der religiösen Vorstellung verbunden war, dass die Sonne (Re im Alten Ägypten) im Westen untergeht - quasi die Unterwelt betritt - und nach dem Durchlaufen der Unterwelt (Duat - im Alten Ägypten; an anderer Stelle näher beschrieben) im Osten neu geboren wird. Durch die absolute Vergöttlichung der Pharaonen wurde so die Metamorphose der Herrscher symbolträchtig zelebriert. Man begann in der 18. Dynastie die Gräber im Osten des Tales an besonders versteckten Felsformationen auszuheben um das Geheimhaltungsbedürfnis voll auszuschöpfen. Als dann innerhalb der 19. und 20 Dynastie (Ramessidenzeit) dort der Platz knapp wurde, blieb keine andere Möglichkeit die "neueren" Gräber mehr in die Talmitte zu verlegen. Aber alle Vorsichtsmaßnahmen brachten nicht den gewünschten Erfolg. Kein einziges Grab (auch das von Tutanchamun nicht) wurde unversehrt gefunden. Alle Gräber wurden (zum größten Teil bereits in der dynastischen Zeit) aufgebrochen und überwiegend geplündert. Die "moderneren Grabräuber" des 18. Jahrhunderts, wie Belzoni oder auch Carter fanden nur noch "Überreste"; zugegebener Maßen fand Carter im Grab Tutanchamun' eine ganze Menge "Überreste", aber auch das Grab Tutanchamun' wurde in der dynastischen Zeit bereits einmal geöffnet. Wie auch immer, wir werden auf der Seite "Altes Ägypten" nochmals intensiver darauf eingehen. 

Eine kurze Einführung: 

Schon immer aber stand das Tal im Interesse der Wissensdurstigen, der Reisenden, der Abenteurer und auch der Herrschenden. Gar der römische Kaiser Hadrian (um 130 n. Chr.) war der Faszination erlegen. Noch heute finden sich zahlreiche Graffiti aus dieser Zeit in etlichen der Gräber. Dass allerdings den damaligen Besucher ungeachtet ihrer Stellung, der Sinn und das Verständnis der Darstellungen völlig verschlossen blieb, belegt die Tatsache, dass die mehr oder weniger geistreichen Sprüche plump über die feine und wunderschöne "Bildersprache" geschmiert wurden. Später dann, um das 6. Jahrhundert n. Chr. wurden einige Königsgräber (z. B. die Ramsesgräber) von christlichen Einsiedlern genutzt, was zumindest der Grabqualität auch nicht sonderlich zuträglich war. Erst mit der Islamisierung Ägyptens im 7. Jahrhundert n. Chr. ebbte das Interesse deutlich ab und das Tal fiel nach einigen Jahrzehnten in einen lang anhaltenden Dornröschenschlaf. 1738 entdeckte der englische Geistliche Richard Pococke das unwirkliche Tal praktisch neu, fertigte eine Übersichtskarte an und zeichnete auch einige Grundrisse. 1798 folge dann die napoleonische "Expedition" nach Ägypten und natürlich auch in das Tal der Könige. Nur ein Jahr später folgte die erste große Entdeckung, das Grab Amenophis' III durch die französischen Ingenieure Jollois und de Villiers. Zu Beginn des 19. Jahrhundert betrat dann die wohl Schillernste Figur die ägyptische Bühne. Der Italiener Giovanni B. Belzoni, ein Zirkusartist, Feuerschlucker und Eisenbieger begann im Auftrag des englischen Generalkonsulats mit brachialen Mitteln nach verschütteten Gräbern zu suchen. Und er wurde fündig! Bereits 1817 fand er innerhalb weniger Tage die Grabanlagen Ramses' I und Sethos' I. Das letztgenannte Grab ist noch heute eine der größten und schönsten Anlagen im gesamten Tal. Die ziemlich rücksichtslosen "Ausgrabungen" gingen in den Folgejahren weiter und 1829 waren immerhin bereits 16, von heute bekannten 62 Gräbern freigelegt. Jean Francois Champollion (der Campollion der die Hieroglyphen entzifferte) begann zu dieser Zeit mit der Entzifferung der unzähligen Inschriften. In den darauf folgenden Jahren (insbes. 1842 - 1845) unternahm Richard Lepsius im Auftrag des Königs Friedrich Wilhelm IV seine preußische Expedition und verfasste sein zwölfbändiges (!!!) Monumentalwerk "Denkmäler aus Aegypten und Aetiopien", das lange Zeit das Nachschlagewerk schlechthin war. Erst 1898 fand Victor Loret die Gräber Thutmosis' III und Amenophis II. Der amerikanische Geschäftsmann Theodore M. Davis machte sich dann zwölf Jahre in dem Tal zu schaffen, feuerte dabei mehrere Grabungsleiter - unter anderem Howard Carter, über den noch zu reden sein wird - und förderte in amerikanischer Manier die Grabanlagen Thutmosis' III, Thutmosis' IV, der Königin Hatschepsut, des weniger bekannte Siptah, des Haremhab (unvollendet) sowie von Juja und Tuja (Schwiegereltern von Amenophis' III) zu Tage. 1912 gab er dann - da er wohl davon ausging nichts mehr zu finden - seine Grabungslizenz an Lord Carnarvon weiter. Dieser beschäftigte dann wieder Howard Carter als Grabungsleiter und nach vielen Rückschlägen, Unterbrechungen und Wirren feierten die beiden dann 1912 die größte Entdeckung die das Tal der Könige in seiner langen Geschichte jemals preisgab: Das Grab des Tutanchamun'. Weitere Erfolge blieben anschließend aus, bis die Schlagzeile über die Wiederentdeckung der riesigen Grabanlage (KV 5) der Söhne Ramses' II durch die Presse ging. Auch heute noch hält also das Tal der Könige Überraschungen bereit - es wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die letzte sein.  

Amenophis Innenansicht

Relief im Grab

links: Sargkammer des Grabes Amenophis II, 19. Dynastie (KV 35), einer der schönstem Gräber im Tal der Könige.

rechts: Farblithographie nach G.B. Belzoni (um 1820) aus dem Grab Sethos I, 19. Dynastie (KV 17)

Grundsätzliches zu den Gräbern: 

Vereinfacht kann gesagt werden: Je jünger die Anlagen werden, desto größer werden sie auch. Die ersten "Höhlen" der 18. Dynastie wurden zwar tief in das Felsmassiv getrieben, blieben aber doch eher kleinflächig und sind nicht mehr zu vergleichen mit den monumentalen "Grabsälen" eines Sethos' I (auch der Ramesgräber). Auch die Architektur veränderte sich im Laufe der Zeit. Zunächst wurden mehr oder weniger rechtwinklige Gänge angelegt, die schräg nach unten in den Fels führten und mit der Sargkammer endeten. Die allgemeine archäologische Ansicht dazu ist wie so oft sehr theoretisch und Symbolträchtig und charakterisiert den so genannten Achsenknick einfach mit dem "gewundenen" Weg in oder durch die Unterwelt. Die später (ab Haremhab) praktizierte Architektur, der nach unten führenden geraden Gänge, allerdings mit verschobenen Achsen, ist deutlich monumentaler. Dies gilt nicht nur für die "Nettogröße" sondern auch für die Höhe und Breite der einzelnen Gänge und Räume (auch die wurden immer zahlreicher). Aber auch für die architektonische "Neuentwicklung" gibt es eine religiös-symbolische Deutung, die auf den mythologischen Dualismus fokussiert. Die obere Achse symbolisiert die Sonne bzw. den Sonnengott Re-Harachte (in östlicher Richtung) und die untere Achse symbolisiert das Totenreich oder den Totengott Osiris (in westlicher Richtung). Ja, ja, die Ägyptologie ist nicht nur Feldforschung sondern auch graue Theorie und beachtliche Spekulation - denn gegen Ende der 20. Dynastie gab es zwar immer noch gerade Gänge schräg nach unten, aber keine verschobenen Achsen mehr, also wird die Deutung auf die kultische Sonne (in östlicher Richtung) reduziert. Zu dieser Zeit wird auch eine weitere Besonderheit in den Gräbern augenscheinlich; in den ersten Abschnitten der Gräber wurden Schächte im rechten Winkel nach unten angelegt, deren Bedeutung nicht so ganz klar zu sein scheint. Im allgemeinen wird ihnen aber eine sehr pragmatische Aufgabe zugedacht, nämlich einfach eine Art Wasserauffangbecken zum Schutz der Grabanlagen gegen die wenigen aber heftigen Regenfälle in der Alten Zeit. Ob dieser pragmatische Erklärungsversuch allerdings in der so ausgeprägte Symbolschwangerschaft aller anderen Deutungen bestehen kann, vermögen wir als Amateure natürlich nicht zu beurteilen.

 

 

 

 

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