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22. April 2007

 

Theben - die Totenstadt am Westufer des Nil ...


Die Westseite des Nil war den Toten vorbehalten, dort sollten sie ewige Ruhe finden. Mit archaischen Werkzeugen wurden in einem unwirklichen Tal Gräber in den Fels getrieben, immer in der Hoffnung die Gänge und Höhlen unter dem Kalkstein seien der Ewigkeit ausgeliefert. Aber bereits nach wenigen Jahren wurden die vergöttlichten Toten mitsamt ihren unbeschreiblichen Grabbeigaben von den gleichen Priestern wieder aus dem Staub und Geröll gescharrt, die zuvor die Begräbniszeremonien anführten. Die unermesslich wertvollen Edelmetalle wurden eingeschmolzen und die Grabbeigaben, die dem toten Herrscher das Leben nach dem Tod erleichtern sollten, wurden verschachert. Kollosaale Totentempel zeugen noch heute von dem Totenkult der alten Ägypter und ein Spaziergang durch die massiven Ruinen ließen bereits Generationen von Reisenden sprachlos staunen.  

Ein trockener und beinahe schmerzhaft heißer Wind strich über das Felsmassiv auf der Westseite. Hätte die unbarmherzige Sonne nicht jeden Schritt zur Qual werden lassen, wäre die Verklärtheit dieses Ortes beinahe mit den Händen zu greifen gewesen. Vom Rand des steil nach oben führenden Pfades, der Deir el-Bahari mit dem Tal der Könige verband, schweifte der Blick nach Osten; ja das war der schmale Streifen fruchtbaren Landes zu beiden Uferseiten des Nil. Die Luft flirrte am Horizont und beinahe hatte es des Anschein, die trägen Wassermassen versuchten aus ihrem Angestammten Bett zu steigen und der Sonne näher zu sein nur um in ihrer Nähe zu verdunsten. In der Entgegengesetzten Richtung, tief unten, lag das Tal der Könige. Deutlich begrenzt von den umliegenden Felsmassen und bekrönt von El-Qurn, dem Horn in Form einer Pyramide, waren die schmalen weißen Pfade zu erkennen, die zu den Gräbern führten. Künstlich angelegte Wege führten so in das Dunkel der Ewigkeit. Der Schweiß wurde plötzlich kälter, ein Schauer kroch über den Rücken. War das eine Bewegung vor dem Grab Sethos II ? Ein Geräusch aus dem hinteren Teil des Tales den man nicht einsehen konnte ? Stand hier nicht eben noch ein dösender Wächter im Schatten ? Und die Gittertür am Grab Ramses IX, sollte sich nicht verschlossen sein ? Die Kraft des Tales begann zu wirken. Plötzlich: Geräusche, Stimmen, lautes Kreischen, bunte Gestalten - die Touristen waren da, wie aus dem Nichts sind sie aufgetaucht und raubten dem Tal seinen Mythos. Verärgert stampfte ich den schmalen Weg hinunter und sehnte mich nach der geheimnisvollen Stille dieses Ortes bis ich realisierte - ich bin einer von Ihnen, ich bin auch ein Tourist ! 

Das Tal hat viel verloren und nichts davon freiwillig abgegeben - aber immer wenn wir nicht dort sind schöpft es neue Kraft für Mysterien. Da bin ich mir ganz sicher. 

Theben-West Übersicht klein Klicken Sie bitte auf die verkleinerte Abbildung um eine Übersichtskarte zu Theben West zu sehen

Deir el-Bahari 

Das westliche Gebirge der Nekropole von Theben bildet hier einen halbkreisförmigen Talkessel, der auf seiner östlichen, dem Tal der Könige gegenüberliegenden Seite einige der bemerkenswertesten Pharaonischen Totentempel beheimatet.

Am bekanntesten ist sicher der Terrassentempel der Königin Hatschepsut. Das vollständig aus feinem Kalkstein errichtete Millionenjahrhaus der Königin Hatschepsut ist eine höchst eigenwillige Konstruktion. Statt der "normale" Abfolge der einzelnen Bauelemente (1. Pylon - Hof - 2. Pylon - Säulenhalle etc.) gliedert sich der Tempel in hintereinander liegenden Terrassen. Die Eingangsfront der ersten Terrasse wird auch nicht von Eingangspylonen gesäumt sondern von offenen Pfeilerhallen. (siehe auch Tempel des Mentuhotep) Die rückwärtige Seite des Totentempels wird praktisch vollkommen von der Felswand des Talkessels gebildet, in den die gesamte Anlage eingebettet ist. Offenbar wurden im Laufe der Zeit etliche Veränderungen an dem grandiosen Bauwerk vorgenommen (z. B. Anbau des Hathor-Heiligtums oder das Pronaos) und wahrscheinlich ist auch, dass bereits der Vorgänger der Königin, Thutmosis II in Anlehnung an den Totentempel Mentuhotep' mit den Bauarbeiten begann. Hatschepsut hat dann freilich den Kollosaalbau vollendet. Vom Taltempel, der nur noch bruchstückhaft erhalten ist führt eine Rampe zu dem Vorhof des eigentlichen Tempels. An diesen Vorhof (vielleicht mit Tempelgarten) schließt sich dann eine weitere Rampe an, die auf die erste Terrasse führt; diese wiederum bildet dann, flankiert von zwei Kolossalstatuen der Königin, eine Pfeilerhalle, an deren Nordostecke das Anubis-Heiligtum und mehrere dunkle und geheimnisvolle Kultkammern die Phantasie beflügeln. Die zweite, nach hinten versetzte, Terrasse erreicht man ebenfalls über eine Rampe. Dieses eigentliche Heiligtum wird von 26 beeindruckenden Statuen der Königin geschmückt, die ihr Portrait zeigen und überaus fein gearbeitet sind. Noch heute kann man deutlich erkennen, dass Hatschepsut eine "Augenweide" gewesen sein musste. Direkt hinter dem Statuenportal öffnet sich ein Wald aus 63 Säulen und wiederum dahinter befinden sich das Barkensanktuar, der Kultbildraum für Amun-Re und die Königin selbst. Etwas südlich davon und von zwei gewaltigen Kraggewölben geschützt, liegen dann die Opfertempel der Königin und ihres Vaters Thutmosis I. Nördlich des Säulenportals befindet sich noch ein Sonnenheiligtum und innerhalb eines offenen Kulthofs gilt es dann noch einen Hochaltar für Re-Harachte zu bestaunen. Innerhalb der einzelnen Elemente sind noch etliche Reliefs im Original erhalten oder zumindest rekonstruiert worden. Herausragend sind natürlich die Bildzyklen der Expeditionen in das sagenumwobene Land Punt. Aber viele Reliefs, Sphingen und Portraits der Königin sind auch großflächig zerstört worden. Für diese Zerstörungen wird Thutmosis III verantwortlich gemacht, dessen Thronbesteigung Hatschepsut lange Jahre verhindert haben soll.  

Südlich neben dem eigentlichen Haupttempel liegt das Hathor-Heiligtum, das an den Terrassentempel angebaut wurde und das 1997 durch den blutigen Anschlag islamischer Fundamentalisten auf Touristen zu traurigem Ruhm gekommen ist.  

Der Terrassentempel war teilweise bis in ptolemäische Zeit in Betrieb; erst später wurde er in das koptische Epiphanias Kloster umgewandelt. Mariette begann dann 1858 mit der Freilegung der eigentlichen altägyptischen Tempelanlage und die Restaurierung dauert bis heute an. Allerdings - na gut, eine polnische Archäologengruppe hat 2000 die Restauration der Rampen fertig gestellt. Jetzt sind sie neu - aber mit Sicherheit nicht schön. Und zudem mausgrau und betonartig. Ein fürchterlicher Kontrast zu dem feinen rosa Kalkstein des Tempels selbst. Das Ganze sieht eher aus wie der Zugang zu einem Kaufhaus - Archäologisch macht das allerdings schon Sinn, denn Original und Nachbau sollten sich klar unterscheiden.

Bahari klein

Das Bild links zeigt den Talkessel von Deir el-Bahari. Das ganze Ensemble wird vom Terrassentempel der Hatschepsut in der Mittedominiert. Links im Hintergrund sind aber auch noch die Tempel des Mentuhotep und Thutmosis III zu erkennen. Gekrönt wird das Ganze durch das sog. Horn (el-Qurn), welches in westlicher Richtung auch das Tal der Könige begrenzt.

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Hathor Tempel Rekonstruktion Das Bild zeigt eine Rekonstruktion des Hathor-Tempels der Hatschepsut

Thutmosis III errichtet gegen Ende seiner Amtszeit ebenfalls einen Totentempel in Deir el-Bahari. Diese Anlage ist auf einer Plattform angeordnet und überragt den Terrassentempel der Hatschepsut deutlich, ohne aber die Monumentalität dieser Anlage zu erreichen. Hier arbeitet die polnische Archäologentruppe stilvoller und erforscht und restauriert den Tempel seit 1962. Thutmosis III hat etwas nördlich des Ramesseums bereits einen weiteren Tempel errichten lassen und so ist es schwierig die Bestimmung der beiden Tempelanlagen exakt zu beschreiben. Zudem befindet sich in Karnak ein weiteren Millionenjahrhaus des gleichen Pharao. Zu dem Tempel von Thutmosis III in Deir el-Bahari führt eine gewaltige Rampe, der Taltempel (es müsste ihn geben) ist noch nicht gefunden worden und die Zugangsstrasse (davon geht die Archäologie zumindest aus) war mit Baumreihen gesäumt und durch eine Barkenstation unterbrochen. Den Tempel selbst betritt man durch ein Granittor, hinter dem sich eine Säulenhalle anschließt. Dahinter wiederum befindet sich das Sanktuar und die Kultbildkammer des Königs. Auch in dieser Tempelanlage sind die Wandreliefs zum Teil sehr gut erhalten bzw. sehr gut restauriert. Etwas tiefer findet man noch das Höhlenheiligtum Thutmosis III, welcher Hathor geweiht war; eine lebensgroße bemalte bunte Hathor-Kuh mit vergoldeten Hörnern und Flanken im Innern (heute im ägyptischen Museum in Kairo) machte dies deutlich. Von dem angesprochenen zweiten Tempel Thutmosis III, nördlich des Ramesseums ist nur noch wenig übrig. Wohl auch ein Terrassentempel, aber es sind nur noch die Ziegelumwallung und ein Frontpylon übrig geblieben. Dass der Totentempel von Thutmosis III aber ein Millionenjahrhaus war zeigen die für derartige Bauwerke üblichen Kulteinrichtungen. Sowohl die Grundrisse eines Sonnenheiligtums, wie auch ein Hathor-Heiligtum sind vorhanden gewesen. 

Der Totentempel Mentuhotep' ist einer der wenigen monumentalen Totentempel des Mittleren Reiches auf dem Westufer und zudem noch relativ gut erhalten. Der dazugehörige Taltempel ist im umliegenden Fruchtland zwar versunken, aber es kann als sicher gelten, dass von dort eine ca. 1200 Meter und ca. 46 Meter breiter Prozessionsweg zu dem Tempelvorhof führte. Mit etwas Phantasie kann man sich noch heute vorstellen wie die Prozession vorbei an den Standbildern des Königs und durch den Tempelgarten in den eigentlichen Tempel schritt. Der vordere, aus Kalkstein erbaute Teil, war Month-Re geweiht und erhob sich auf einem terrasseartigen Plateau und von Sandsteinpfeilern umgeben. Der hintere Teil der Anlage besteht aus Sandstein und beheimatete das Ka des verstorbenen Pharaos. Auch die Tempelanlage des Mentuhotep schmiegt sich an die Felswand des Talkessels von Deir el-Bahari. Von dem Reliefschmuck ist heute nicht mehr viel zu sehen aber dadurch, dass der Tempel mit einem Sanktuar versehen ist und Amun-Re geweiht wurde ist auch diese Anlage ein echtes Millionenjahrhaus. Eine Besonderheit ist die Tatsache, dass das Grab Mentuhotep' ca. 150 Meter tief in dem Felsmassiv, das den Tempel begrenzt, angelegt wurde und im Vorhof ein sogenannten Zweitgrab (Bab el-Hosan) gefunden wurde. Der dort gefundene leere Sarg und ein Sitzbild des Pharao können heute im ägyptischen Museum in Kairo angeschaut werden. 

Ramesseum klein

Das Ramesseum von einer Anhöhe in West-Ost Richtung. Eine grandiose Anlage, die leider nur selten auf den Besichtigungsplänen der Pauschalreisenden steht. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Sehr gut ist hier die Lage der Tempelruine am Rand des Fruchtlandes zu erkennen

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Ein weiterer Höhepunkt des thebanischen Westufers ist ohne Zweifel das Ramesseum. Ramses II ließ sich im laufe seiner langen Regierungszeit etliche Tempelanlagen bauen. U. a. in Abu Simbel, Theben (ost), Abydos, Memphis und Heliopolis. Das eigentlichen und traditionelle (in der Nähe des Grabes) Millionenjahrhaus ist aber in jedem Fall das Ramesseum. Leider gehört die Besichtigung in aller Regel nicht zu dem touristischen Standartprogramm. Das Ramesseum ist kein Terrassentempel und liegt auch etwas abseits des Felsmassivs, das den Talkessel von Deir el-Baharie begrenzt. Gleich neben dem Eingang erhob sich einstmals eine kolossale 19 Meter hohe und nahezu 1000 (!) Tonnen schwere Granitfigur des berühmten Pharaos. Die beiden ersten Innenhöfe schmückten 27 gewaltige Statuenpfeiler, die ebenfalls den König darstellten. Und hinter dem Altar in der Mitte des zweiten Hofs erhoben sich nochmals zwei 13 Meter hohe Sitzfiguren aus schwarzem Granit. Das angrenzende Hypostyl, dessen Wände u. a. und wie so oft Reliefszenen der Schlacht von Kadesch zeigen. Leider sind die weiteren Reliefs in sehr schlechtem Zustand bzw. überhaupt nicht mehr vorhanden. So kann die Beschreibung von Hektareus von Abderba, der den Tempel in der Mitte des 19. Jahrhunderts besuchte nicht mehr verifiziert werden. Er hielt aber fest, dass die Tempelwände ein astronomisches Wunderwerk aus Gold zeigten, nämlich die Bilder eines Jahrkreises von 365 Ellen, die sich auch in dem Tempeldach fortführten. Auf diesen Bildern seien die Sternauf- und Untergänge jedes einzelnen Tages abzulesen gewesen. Die gesamte Anordnung sei auch eine Art Sonnenuhr gewesen, die Augustus auf dem Marsfeld in Rom nachbauen ließ. Die hohe Ziegelsteinmauer, die den Tempel umgibt ist noch in Teilbreichen erhalten; dies gilt auch für die gewaltigen Lagerhäuser im Norden der Anlage. Sogar die Dachkonstruktion ist in in einigen Räumen noch erhalten. Natürlich führte zu dem Millionenjahrhaus Ramses II auch eine überdimensionale Prozessionsstrasse und in einem der vielen Magazine wurden etliche interessante Papyri gefunden, wovon eines als "Ramesseumspapyri" in die ägyptologische Geschichte eingegangen ist 

Erwähnenswert ist dann noch der Totentempel von Amenhotep' III. Allerdings ist von der Tempelanlage selbst kaum noch etwas erhalten, obwohl er wahrscheinlich der größte jemals in Ägypten errichtete Tempelbau war. Es lässt sich nur erahnen welche Ausmaße dieses Bauwerk einmal gehabt haben muss. Es existieren etliche Rekonstruktionsversuche, auf deren Beschreibung wir allerdings an dieser Stelle verzichten; so recht kann wohl niemand sagen wie das Millionenjahrhaus Amenhotep' III ausgesehen hat. Allgemein gilt aber als sicher, dass die Säulenhalle dieses Tempels etwa doppelt so groß war wie die Säulenhalle des Luxor-Tempels und mindestens 3 Pylone sowie vier überdimensionale Vorhöfe in den eigentlichen Tempel führten. Die Inschriften in den Sockeln zweier weiterer ca. 8 Meter hoher Figuren des Pharaos sorgten für Aufregung unter den Archäologen, denn dort zeugten Inschriften von den besiegten Fremdvölkern zu denen auch kretische Städte gehörten. Wie gesagt, von der Anlage an sich sind aber nur noch sehr spärliche Reste erhalten geblieben. 

Zwei Kollosaalstatuen sind (als letzte Überreste sozusagen) allerdings erhalten geblieben und gelten heute neben anderen altägyptischen Baudenkmälern als Wahrzeichen Ägyptens. Die Rede ist von den Memnons-Kolossen, die wahrlich majestätisch (aber recht verwittert) noch heute an einer staubigen Zufahrtsstrasse und am Rand des Fruchtlandes von der grandiosen Vergangenheit des Landes zeugen. Jede der beiden Figuren ist ca. 23 Meter hoch und etwa 1000 (!) Tonnen schwer. 

Memnons klein

Es ist sehr schwierig die Memnons Kolosse ihrer Wertigkeit entsprechend zu fotografieren. Das Umfeld ihres Standortes ist mehr als trostlos. Der Bereich direkt vor den beiden Figuren ist mit Schotter bedeckt, links davon führt eine Strasse in das thebanische Felsmassiv, die mit Andenkensgeschäften gesäumt ist und praktisch direkt vor den Kolossen parken die unzähligen Touristenbusse. Mit etwas mehr Kreativität wäre sicher eine sinnvollere Lösung möglich gewesen. Die Kolosse zeigen das Abbild Amenophis' III und sind die letzten Überreste seines monumentalen Totentempels. Die nördliche Figur erzeugte lange Jahre die pfeifenden Geräusche und an der Seite der südlichen Figur erkennt man die Königin Teje, die Große Königsgemahlin des Pharao.

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Ganz klar, dass auch wir die Geschichte im Originalton wiedergeben, die sich lange Zeit um eine der beiden Figuren rankte und die Strabo verbreitete: 

"Auch ich hörte, als ich mit Aelius Gallus (römischer Präfekt in Ägypten) und einer Menge seines Gefolges dort weilte, etwa in der ersten Tagesstunde das Geräusch, aber ich kann unmöglich mit Sicherheit unterscheiden, ob das Geräusch vom Sockel oder vom Koloss ausging oder nicht eher künstlich von einem der Männer erzeugt wurde, die dort umherstanden. Denn in Anbetracht der Ursache glaube ich eher alles andere, als dass der Ton von festgefügten Steinen kommt." 

Diese an sich doch eher zurückhaltend rationale Beschreibung des "seltsamen" Geräusches brachte dennoch die Gemüter in Wallung und im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die beiden Figuren - oder wohl eher die Geräusche - zum "Touristenspektakel". Erst nach einer umfangreichen Restauration der beiden Kolossalfiguren verschwand das Geräusch, nicht aber die Touristen. Mehrere Risse in der nördlichen Figur und vor allen Dingen in dem Sockel auf dem sie ruht erzeugten (subjektiv bei Sonnenaufgang) bei Ostwind ein lang anhaltendes Pfeifen. Als die Risse zugespachtelt waren, war auch der Ton weg. Allerdings: wir konnten bei mehreren Besuchen auch heute noch unzählige Reisende beobachten, wie sie mehrere Minuten regungslos und mit gespitzten Ohren auf akustische Signale hofften; der Mensch ist doch ein seltsames Wesen und offensichtlich begierig nach dem Geheimnisvollen - und wir sind in dieser Hinsicht keine Ausnahme ;-) 

Deir el-Medina 

Deir el-Medina war eins der Wohnort der Handwerker und Künstler, die ab der 18. Dynastie die Gräber der Könige und des Hofstaates herstellten und ausschmückten. Das ehemalige "Dorf" liegt in einem geschützten Seitental der westthebanischen Nekropole. Insgesamt zählt der Ort lediglich 79 Häuser und einige Gräber, die allerdings recht gut erhalten sind und zum Teil erstaunliche Details der altägyptischen Baukunst konserviert haben. Zudem findet man in der unmittelbaren Umgebung, ebenfalls detailreiche Göttertempel. So ist z. B. ein Tempel Sethos I, ein Amun-Tempel ein Hathor-Tempel Ramses' II sowie ein besonders sehenswerter Hathor-Tempel Ptolemäus' IV ohne Frage einen Besuch wert. Leider ist auch Deir -Medina meistens nicht in den Standsartführungen zu Theben West enthalten. Es ist auch nicht ganz so einfach den Reiseführer oder ggf. die Reisegruppe dazu zu bewegen einen Abstecher zu diesem interessanten Ort zu unternehmen. Was bleibt ist der Besuch auf eigene Faust (vielleicht unter Zuhilfenahme eines Einheimischen), der sich nicht nur unbedingt lohnt, sondern eigentlich auch verhältnismäßig einfach zu realisieren ist. Empfehlenswert ist ein Taxi über die Nilbrücke südlich von Luxor, die an das Westufer führt bis zum "Eingang" in den Talkessel von Deir el-Bahari. Mit etwas Ausdauer, einer sinnvollen Dokumentation und reichlich Trinkwasser bleibt dieses kleine Abenteuer unvergesslich. 

Den Hathor-Tempel Sethos I (das eigentliche Deir el-Medina) wollen wir etwas näher beschreiben. Die Tempelanlage ist praktisch komplett aus Ziegelsteinen errichtet und auf einer Anhöhe terrassenförmig angelegt. Eine steile Rampe führt in den Vorhof. Eine weitere Rampe führt in den so genannten "Zweisäulensaal", an dessen nördlicher Seite sich eine Art Küche befunden haben muss, in der wohl die Opfergaben zubereitet wurden. Wiederum etwas erhöht befindet sich ein zweiter "Zweisäulensaal", der an eine Theaterbühne erinnert (besonders wenn man sich vorstellt, dass die Wände und Säulen einmal bunt bemalt waren) und kaum noch Ähnlichkeit mit altägyptischen Tempelanlagen aufweist. Direkt hinter diesem Saal sind noch die Überreste von drei Sanktuarien erhalten.  

Und wenn wir schon dabei sind, legen wir auch noch den Hathor-Tempel Ptolemäus' VI an Herz, der sich in unmittelbarer Nähe befindet - also wenn Sie schon in Hitze, Sand und Steinen schwelgen - dann richtig ;-) Übrigens, in diesem Tempel finden Sie auch eine sehr schöne Darstellung der altägyptischen Totengerichts, bei dem das Herz des Verstorbenen gegen die Feder der Maat aufgewogen wurde und so über die Zukunft nach dem Tod entschieden wurde. 

Medinet Habu

Ganz im Süden der thebanischen Nekropole findet der ausdauernde Reisende (weil ebenfalls unverständlicherweise in kaum einer Pauschalführung enthalten) noch zwei unbedingt erwähnenswerte Tempelanlagen. Zum einen ist dies ein relativ kleines und schlecht erhaltenes Heiligtum des Ur-Amun (!) Es existierten im Alten Ägypten unzählige Heiligtümer, die für Amun errichtet wurden; dieser Tempel aber symbolisiert das Grab des Ur-Amun Kematef und der acht Urgötter von Hermopolis, der so genannten Achtheit in der Altägyptischen Götterwelt. Wir werden an anderer Stelle noch weiter darauf eingehen. Es ist überliefert, dass alle 10 (!!!) Tage eine Prozession von Luxor zu diesem Tempel führte, um durch umfangreiche Opfergaben die "göttlichen Vorfahren" des Reichsgottes Amun zu erneuern oder zu regenerieren.

UrAmun Hohes Tor Die linke Zeichnung zeigt eine der vielen Rekonstruktionsversuche des Ur-Amun Tempels in Medinet Habu. Rechts ist das Hohe Tor des Totentempels von Ramses III abgebildet

Der zweite Tempel ist das Millionenjahrhaus Ramses III. Im Gegensatz zu dem Tempel des Ur-Amun ist diese Anlage über lange Jahre erschlossen und auch restauriert worden. Es gibt also etwas zu sehen. Die Anlage selbst umschließt eine 18 Meter hohe Mauer, die dem Tempelbezirk ein etwas militärisches Aussehen verleiht. Auf der Ostseite lässt sich noch eine monumentale Kaianlage ausmachen und dank der bereits erwähnten Restaurierung bietet sich de Besucher heute ein guter Eindruck über die Grundzüge altägyptischer "Paläste", dem Thronsaal mit seinen zwölf Palmesäulen, den Nebenthronräumen, dem Schlaf- und Badezimmer des Pharao und den Räumlichkeiten für die ständige Begleitung des Königs. Ein besonderes Highlight ist aber ohne Frage das so genannte Hohe Tor, dass sich der Kaianlage auf der Ostseite anschließt. In Ägypten existiert kein einziges ähnliches Bauelement, nur in Syrien sind solche Zwinger (migdol) innerhalb befestigter Anlagen gefunden worden. Erwähnenswert sind auch noch die fünf Schatzkammern entlang der Mittelachse des Tempels (oder besser Palastes) sowie die Month- und Osiris Kulträume. Im Zentrum der Anlage findet der Besucher ein regelrechtes Sammelsurium an Lagerhallen, Kasernen, Brunnen, Teichen und Gärten - ohne Probleme lässt sich ein kompletter Tag in diesem beeindruckenden Ramessiden-Tempel verbringen. Um so unverständlicher ist auch hier wieder die Tatsache, dass der Besuch auch dieser Anlage nicht in den allgemein angebotenen Besichtigungsrouten enthalten ist. 

Ägypten ist reich an grandiosen Baudenkmälern, deutlich reicher als jeder Prospekt und jeder Reiseführer in der Lage ist aufzuführen. Auch diese Seiten können unmöglich einen Gesamtüberblick bieten und einmal mehr möchten wir Sie ermutigen von den eingetretenen Routen abzuweichen und nicht nur die Standartprogramme "abzuhaken".  

Um nur einen einen kleinen Vorgeschmack zu geben - schauen Sie sich die nachfolgende Liste an Baudenkmälern an, die alleine auf dem Westufer des Nil auf Erkundung warten:  

Medinet Habu:  

Tempel des Amenhotep I
Tempel des Thutmosis II
Tempel des Amenhotep II
Tempel des Thutmosis IV
Tempel des Haremhab
Tempel des Tutanchamun (von Haremhab übernommen und ausgebaut)
Tempel des Aja (von Haremhab übernommen und ausgebaut)  

südwestlich des Ramesseum:

Tempel des Merenptah
Tempel des Amenhotep III
Tempel der Tausret
Tempel des Siptah
Tempel des Ramses IV 

Es gibt unendlich viel zu sehen und zu erleben - also, worauf warten Sie noch ? 

Tal der Königinnen 

Das thebanische Westufer beherbergt mehrere Talkessel. Einige davon haben wir bereits versucht zu beschreiben und dem wohl bekanntesten Wadi, dem Tal der Könige widmen wir eine gesonderte Seite. An dieser Stelle wollen wir auf das Tal der Königinnen (Biban el-Harim) etwas näher eingehen, das bereits seit der 17. Dynastie als Nekropole genutzt wird, aber traditionell ein Schattendasein führt. Auch der Besuch dieses Tales muss in aller Regel vor Ort organisiert werden. 

Im Gegensatz zu dem weitaus bekannteren Tal der Könige mit seinen schroffen und zerklüfteten Felsformationen zeigt sich das Tal der Königinnen weitaus sanfter, weiblicher wenn Sie so wollen, obgleich auch viele Prinzen dort ihre letzten Ruhestätten fanden. Wie wir schon sagten wurde das Tal bereits seit der 17. Dynastie für Begräbnisse genutzt, aber erst in der Mitte der 19. Dynastie wurde Biban el-Harim zur bevorzugten Begräbnisstätte für Königinnen, Prinzen, Prinzessinnen und einige hoch stehende Privatpersonen. Im Laufe der Zeit wurden in diesem südlichen Seitental 98 Grabanlagen gefunden, mehr als die Hälfte davon lassen sich aber bis in die heutige Zeit nicht mehr ihren Besitzern zuordnen. Zum Einen liegt dies daran, dass die Grabanlagen unvollendet geblieben sind oder aber zum Anderen einfach zu wenige Funde vorhanden waren um eine konkrete Zuordnung zu realisieren. Um überhaupt eine Annäherung an mögliche Grabbesitzer herleiten zu können, gingen die Archäologen dazu über, die Grabkonstruktionen und Grundrisse zu vergleichen, um sich so wenigstens etwas von der globalen Spekulation weg zu bewegen. So konnten dann wenigstens Aussagen über die Stellung, das Geschlecht und ab und an auch über die familiäre Zuordnung gemacht werden.  

Ramses II war einst stolzer "Besitzer" von sieben (!!) Großen Königsgemahlinnen - nicht Gemahlinnen, das waren weitaus mehr, so ca. 120. Fünf Gräber Großer Königsgemahlinnen konnten bislang im Tal der Königinnen identifiziert werden. Eines davon, das mit Sicherheit bekannteste und schönste ist das Grab der Nefertari. Nefertari nahm an der Seite Ramses' II eine ganz besondere Stellung ein, denn der Pharao hat ihr einen eigenen Felsentempel in Abu Simbel errichten lassen und auch ihre Grabanlage erweckt den Anschein, nicht von dieser Welt zu sein. Umfängliche Restaurationsarbeiten, die sich über lange Jahre hinzogen haben dafür gesorgt, dass zumindest der jetzige Zustand eine Chance hat noch von weiteren Generationen bewundert zu werden. Die einzigartigen Reliefdarstellungen wurden größtenteils hinter Glasplatten konserviert, um sie vor der Atemfeuchtigkeit der Besucher zu schützen und die begehbaren Wege werden streng bewacht. Auch ist die Anzahl der täglichen Besucher auf ca. 150 begrenzt worden. Allerdings nimmt auch der Eintrittspreis mittlerweile Pharaonische Ausmaße an, bis zu 120 (!!) US $ werden für die geführte Besichtigung verlangt. Aber nicht vergessen: Ägypten ist ein arabisches Land und was gehört dort zum guten Ton ? Ja richtig - das Handeln bis zur totalen Erschöpfung ! 

Grab der Nefertari klein

Nefertari Relief 1 klein

Nefertari Relief 2 klein

Die Umzeichnung ganz links zeigt den Grundriss des Grabes der Nefertari, wohl das schönste Grab im Tal der Königinnen. Nach der aufwendigen Restauration können pro Tag nur noch 150 Touristen das Grab besuchen.

Daneben sehen Sie zwei der unzähligen und sehr gut erhaltenen (durch Jahrelange Restauration) Reliefdarstellungen aus dem Grab der Nefertari.

Zum vergrößern bitte jeweils die Tumbnails der Reliefs anklicken.

 

Der "rote Faden" der farbenprächtigen Reliefdarstellungen pendelt zwischen Nefertari, wie sie von den Göttern geleitet wird und Nefertari, wie sie als Kultausübende Königin den Göttern gegenübersteht. Ihre Verklärung im Reich des Osiris wird in einer wunderschönen Darstellung des Totengerichts offenbar. Auch die Geometrie der Grabanlage selbst (stufenweise nach unten mit den analogen Darstellungen an den Wänden) symbolisiert den Übergang in das Reich des Totengottes bis dann endlich in der Sargkammer die Metamorphose stattfinden kann und die Königin selbst zu Osiris wird und Unsterblichkeit erlangt. Weitere Besonderheiten des Grabes sind die Tatsachen, dass die Korridore und Räume mit Pfeilern geschmückt wurden und zahlreiche Abbildungen das Pfortenbuch zeigen, beides sind normalerweise alleinige Attitüden der Königsgräber. Nefertari war - wie auch ihr Gemahl Ramses II - eine der bedeutendsten Persönlichkeiten im Alten Ägypten. 

 

 

 

 

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