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01. März 2007

 

Assuan - die Schöne im Süden ...



Es war die Zeit der Sommersonnenwende und die mächtige und allgegenwärtige Sonne brannte beinahe senkrecht vom Himmel. Das Kreuz des Südens schien im Angesicht dieser archaischen Macht nach unverbrauchter Luft zu ringen. Die versalzten Wasser wälzten sich träge dem ersten Katarakt entgegen, die Hoffnung mit sich tragend, durch die Stromschnellen an Fahrt zu gewinnen, um sich dann aus den Fluten des Nasser Stausees dem Nil zu ergeben, willenlos aber noch immer begehrenswert. Diese Hoffnung währte allerdings nur kurz, scheinbar kokett, ja verführerisch strich die brachiale Gewalt der Sonne über den Wasserspiegel, nur wenige Meter nach dem Ablauf des Hochdamms, dem Sadd el Ali und erledigte binnen weniger Augenblicke ihren, seit ewigen Zeiten Gleichlautenden, Auftrag. Noch bevor das schlammige Bett des Flusses erreicht war, verdampften die kümmerlichen Wogen, unfähig sich zu wehren, wie die Ägypter, ihrem Schicksal gefügig gehorchend. 

Auf beiden Uferseiten des Nils, da wo der Fluss neu geboren wurde, da wo die, der übermächtigen Sonne strotzenden Wassertropfen sich versammelten, sich formierten und sich der Herausforderung stellten, nach unendlichen Mühen endlich das Mittelmeer zu erreichen, schien das Leben von Menschen und Tieren der unerträglichen Hitze erlegen zu sein. Hier im südlichsten bewohnten Teil Ägyptens bereitete es schon Mühe nur zu Sein. 

Das Besteigen der kleinen Anhöhe auf der Westseite des Nils bis zum Mausoleum des Aga Khan bereitete physische und psychische Qualen. Bei jedem Schritt in dem losen Geröll schien die Urgewalt der Sonne dem menschlichen Körper mehr Flüssigkeit zu entziehen als er zu produzieren vermochte. So schnell die Schweißperlen aus den Poren drangen, so schnell wurden sie aufgesaugt, verschwanden im Nichts. Empfindungen wurden nebensächlich und die Gewissheit, der Körper schmelze wie ranzige Butter gewann die Übermacht. Seele und Geist versuchten sich aus der nutzlosen Gemeinschaft schmerzender Muskeln und erschöpfter Organe zu befreien, bevor die gnadenlose Mumifizierung des noch lebenden Körpers den nächsten Schritt unmöglich machte. Ein Blick zurück ins Tal, auf die kleinen dreieckigen Segel der Felukken, wie sie spielerisch die Inseln umtanzten, ein letzter Blick auf das östlich des Nils gelegene Assuan, dessen schlanke Minarette sich wie Nadeln aus dem Häusermeer reckten. Die flirrende Luft lies den Eindruck entstehen eine Fatahmorgana zu sehen und die schmerzenden Glieder und das pochende Herz waren die einzigen Hinweise auf das noch gegenwärtige Leben. 

Das nächste Mal akzeptieren wir den gestenreich artikulierten Hinweis der Einheimischen. Auf die Anhöhe führt natürlich auch ein bequem begehbarer Aufweg, aber Erfahrungen prägen das Leben :-) 

In den kümmerlichen Ansiedlungen östlich und westlich des Ersten Katarakts spielt die genaue Uhrzeit keine Rolle, nur der Stand der Sonne bestimmt den Tagesablauf der Fellachen, der Bauern, die noch immer den überwiegenden Anteil der Bevölkerung ausmachen. Seit dem Bau des Hochdamms bei Assuan hat sich die Landschaft verändert. Die jährliche Nilschwemme, die den ungeheuer fruchtbaren Nilschlamm mit sich brachte, bleibt aus. Der einstmals gewaltige erste Katarakt ist verkümmert zu einer trägen Masse, die aus der feurigen Landschaft ein verspieltes und melancholisches Stillleben zauberte. Tausende Bauern wurden durch den Bau des Assuan Stausees, mit 500 KM Ausdehnung der größte künstlichen See der Welt, ihrer Felder beraubt und zwangsumgesiedelt. Nur wenige Nubische Dörfer blieben erhalten und bieten heute dem Reisenden Einblick in eine fremde und zum Teil archaische Welt. Die Menschen sind freundlich und unaufdringlich sofern man nicht den "wilden Touristen" spielt. Ganz ohne Frage, das Leben der Einheimischen wurde durch den Jahrhundertbau empfindlich gestört und vor allen Dingen schwerer als es ohnehin schon war. Aber auch das Klima hat sich verändert. Durch die Verdunstung der gewaltigen Wassermassen im Stausee hat sich die Luftfeuchtigkeit drastisch erhöht, Wolken bilden sich über dem See; ja sogar Gewitter (!!) gibt es ab und zu. Zudem gingen bei der Flutung im Jahre 1966 unzählige Kulturdenkmäler in den Fluten unwiederbringlich verloren. Nur durch enthusiastischen Einsatz konnten einige dieser Schätze, wie die Tempel von Abu Simbel, der Philae- und der Kalabschatempel gerettet werden, in dem man die grandiosen Bauwerke Stein für Stein abtrug um sie an anderer, sicherer Stelle quasi neu zu errichten. Aber auch Vorteile brachte der Stausee. Zwei Drittel der Stromversorgung des Landes werden durch ein gigantisches Kraftwerk direkt am Hochdamm gewährleistet. Einmal mehr ist der Nil die Lebensader Ägyptens. 

Assuan selbst ist eine wunderschöne Stadt, wie wir meinen die schönste in ganz Ägypten. Das Leben spielt sich zumeist im Freien ab und geht einen gemächlichen Gang. Stundenlang lässt es sich an der Uferpromenade verweilen und das beobachten der kleinen weißen Segelbote, der Felukken, wird nie langweilig. Genau wie in Luxor legen ständig Nildampfer an den vielen Anlegestellen an, Kutscher preisen mit dem Ruf "Kalesch, Kalesch" eine Stadtrundfahrt an, Souvenir- und Getränkeverkäufer halten nach Touristen Ausschau und die vielen Nilinseln dösen in dem niedrigen Wasser des Nils vor sich hin. Gewissermaßen ließe sich die Stadt mit Luxor vergleichen, beim genaueren hinschauen aber stellt man sehr schnell fest, Assuan ist anders, ruhiger, besonnener, ausgeglichener. Auch die Menschen der Stadt sind nicht so aufdringlich und noch eine Spur freundlicher. Ein Spaziergang entlang der Corniche zeigt auch, dass der Besucher nicht so oft und insbesondere, nicht so plump angesprochen wird. Von den Anlegestellen der Nildampfer lässt es sich bequem zum Stadtzentrum schlendern, wo wir den "Gewürzbazar", zu dem praktische jede Seitenstraße führt, besonders empfehlen. Zu den Nilinseln nimmt man am besten für ein paar Pfund eine Felukke und für einen Besuch des weltberühmten Old Cataract Hotels mietet man sich eine der unzähligen Taxen, wobei vor Antritt der Fahrt unbedingt der Preis auszuhandeln ist. 10 Pfund sind wohl angemessen für die ca. zehnminütige Fahrt.

Assuan, Steinbruch

Bei Assuan

Unvollendete Statue (linkes Bild) in den Granitsteinbrüchen um Assuan. Obwohl nur die Grundzüge in den harten Stein gemeißelt wurden, hat die Figur etwas majestätisches und die Ausgeglichenheit des "Wissenden", als ob uns mitgeteilt werden soll: Schaut her, seit Tausenden vor Jahren warte ich gelassen auf das Rendezvous mit dem Schöpfer des Seins.

Wasser spielt in ganz Ägypten eine entscheidende Rolle. Im Süden des Landes prägt die Sicherstellung der Grundwasserversorgung den Tagesablauf. Und dies trotz der gewaltigen Wassermassen des Nasserstausees, die zunehmend versalzten. Aus Tiefbrunnen wird das kostbare Juwel, zum großen Teil mit archaischen Mitteln und unter größter körperlicher Anstrengung für Mensch und Tier ans Tageslicht befördert und bis auf den letzten Tropfen verwendet.

Bauern bei Assuan

Die Nubischen Dörfer zu beiden Seiten des Nils bestehen noch heute größtenteils aus Lehmziegelhütten. Die Dächer - sofern vorhanden - werden mit Palmblättern gedeckt. Der Esel ist Haustier, Nutztier und anspruchsloser ständiger Gefährte. Und die Menschen sind freundlicher als in anderen Orten des Landes.

Assuan war traditionell Knotenpunkt vieler Karawanen- und Heerwege in das nahe Nubien, den Sudan und Zentralafrika. Aus seinen Steinbrüchen wurde praktisch in allen Epochen Baumaterial gebrochen, noch in der Römerzeit waren die Granitsteinbrüche im Süden Assuans in Betrieb. Und zu Beginn des 2 Jh. musste der Satiriker Juvenal als Strafe für seine scharfe Kritik an der römischen Politik hierher in Verbannung. Auch soll der Gelehrte Eratosthenes hier im Kreuz des Südens, wo zur Zeit der Sommersonnenwende die Sonnenstrahlen praktisch senkrecht einfallen, Messungen zur Bestimmung des Erdumfangs angestellt haben. Und das heiße und (noch) trockene Klima macht aus Assuan einen beliebten "Winterkurort" für Asthmakranke. 1898 - 1902 wurde der kleine Staudamm errichtet und 1960 - 1970 folgte dann der große Hochdamm, an dem Techniker der ehemaligen Sowjetunion maßgeblich beteiligt waren; das Land war in dieser Zeit unter Nasser sowjetisch - sozialistisch geprägt. 

Die Stadt selbst ist nicht besonders reich an Pharaonischen Monumenten und vielleicht gerade deshalb so reizvoll. Die Touristenscharen konzentrieren sich eher auf die umliegenden Sehenswürdigkeiten. Erwähnung finden soll lediglich ein Isistempel aus der Zeit Ptolemaios III, ca. 300 Meter nord - östlich des Old Cataract Hotels. 

Sehenswert ist das Mausoleum des Aga Khan auf einer Anhöhe am westlichen Nilufer, das aber auf Betreiben seiner Witwe, der Begum, mittlerweile nur noch von außen besichtigt werden kann. Wir konnten uns 1996 noch davon überzeugen, dass tatsächlich auf Wunsch der Begum, täglich eine rote Rose auf den Sarg gelegt wurde. 

Mit einer Felukke erreicht man die Insel Elephantine, die sehr reizvoll in der Mitte des Nils liegt. Auf der Insel selbst sind noch einige Heiligtümer (Satistempel, Hekaibtempel) bruchstückhaft erhalten. Auch ein noch gut erhaltener Nilometer ist zu bestaunen. Die vielen Gebrauchsgegenstände, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden, sind im Ägyptischen Museum in Assuan ausgestellt.  

Am Westufer des Nils erheben sich die Felsengräber der ehemaligen Gaufürsten und Würdenträger des Alten und Mittleren Reiches. Schon aus einiger Entfernung sind die "Löcher" in der Felswänden auszumachen und auch die Aufwege und Rampen zu den Gräbern sind gut zu erkennen. Über die Gräber wurden mittlerweile Bücher veröffentlicht. Wir beschränken uns auf die Nennung einiger besonders reich geschmückter Begräbnisstätten. Da wäre zunächst das Grab des Sabni' I mit reichen Verzierungen und Reliefs, die den Verstorbenen und seine Familie bei der Jagd zeigen. Das Grab des Fürsten Sarenput' II ist eines der schönsten und besterhaltenen Gräber. In der ersten Kammer wir der Fürst als Osirismumie dargestellt und an den Wänden erkennt man den Fürsten und seine Familie beim Opferfest. Das Grab des Chunes ist zwar nicht so farbenfroh erhalten, hat dafür aber einen äußerst komplizierten Grundriss und ist in seinen Ausmaßen gigantisch. Die Gräber von Setka und seinem Sohn Meri hingegen sind in ihrer Farbenpracht erhalten geblieben und wurden in den vergangenen Jahren aufwendig restauriert. Vergangenes Jahr wurden diese beiden Gräber für Besucher geöffnet. Wollen wir hoffen, dass dies Farbenpracht unter den Besuchern nicht zu sehr leidet. 

Am Ostufer des Nils - in unmittelbarer Nähe eines verfallenen Friedhofs aus fatimidischer Zeit - befinden sich die bereits angesprochenen Granitsteinbrüche. Hier wurde der berühmte Assuangranit gebrochen, der praktisch in allen Epochen und in allen geografischen Winkeln des Landes verbaut wurde. Die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit ist der unvollendete Obelisk, der Königin Hatschepsut zugeschrieben wird. Sehr schön kann man erkennen, wie die damaligen Arbeiter das harte Gestein bearbeitet haben. Der Obelisk hat einen Riss und aus diesem Grund wurde die Arbeit an ihm wohl aufgegeben. Bei einer Gesamthöhe von über 40 (!!) Metern und einem geschätzten Transportgewicht von 1000 (!!!) Tonnen, stellt sich aber die Frage, ob die Fertigstellung nicht zu einem logistischen Desaster geführt hätte. Beim "Herumstöbern" sind aber noch weitere interessante Funde, wie die oben gezeigte, unvollendete Statue zu entdecken. 

Der Hochdamm von Assuan liegt am südlichen Ende der Stadt und ist mit 111 Metern Höhe und 5 KM Länge ein Monument der Neuzeit. Auf dem befahrbaren Damm erinnert ein pompöses Denkmal an die Freundschaft mit der ehemaligen Sowjetunion. 60 000 Nubier wurden in einer groß angelegten Aktion zwangsumgesiedelt und mit der Unterstützung der UNESCO wurden zumindest einige Kulturschätze unter immensen Anstrengungen vor den Fluten des gigantischen Stausees gerettet. 

Die Lord Kitchener Insel ist ein Paradies für Liebhaber tropischer und subtropischer Pflanzen. Ihre Pracht und Vielfalt lassen die ständige Präsenz der Wüste in unmittelbarer Nachbarschaft für einige Zeit vergessen. Benannt ist die Insel nach Horatio Herbert Kitchener, der den Mahdi - Aufstand niedergeschlagen hat - nach dramatischen Verlusten für das britischen Empire. 

Auf einer Erhebung des Westufers, etwas in die Wüste versetzt, finden sich die Reste des Simeonsklosters. Diese festungsähnliche Klosteranlage kann der Besucher heute entweder zu Fuß, oder besser auf dem Rücken eines Kamels erreichen. Die Anlage wurde im 7 Jh. errichtet, musste dann aber im 13 Jh. durch die koptischen Mönche wegen Wassermangels aufgegeben werden. Von den einzelnen Terrassen (oder besser deren Überresten) hat man einen grandiosen Ausblick auf die Landschaft des ersten Katarakts, die Nilinseln und die Stadt selbst.

 

 

 

 

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Im Sudan
 
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