Der Sinai - biblisches Land ...
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Im dritten Monat nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten - am heutigen Tag- kamen sie in der Wüste Sinai an. Sie waren von Refidim aufgebrochen und kamen in die Wüste Sinai. Sie schlugen in der Wüste das Lager auf. Dort lagerte Israel gegenüber dem Berg. (.../...) Der Rauch stieg von dem Berg auf wie der Rauch aus einem Schmelzofen. Der ganze Berg bebte gewaltig und der Hörnerschall wurde immer lauter. Mose redete und Gott antwortete im Donner.
EXODUS 19
Kein Baum, kein Strauch, nicht einmal der leiseste Windhauch; nur rosafarbene Gesteinsmassen, die sich der Schattenlinie der Sonne entgegenzustrecken schienen, und Sand - ein Meer aus Sand, so heiß wie die Sonne selbst und so blendend dass es schmerzte. Die schnurgerade Straße zerschnitt die beiden schroffen Felsmassive exakt in der Mitte und verlor sich in einiger Entfernung in einem flimmernden Nichts. Östlich der Asphaltpiste zwischen Nuweiba und St. Katharina ließ sich der Horizont nur noch erahnen, der Übergang zwischen Wüste und Himmel zerfloss in Pastell und Violett. Kein Vogelzwitschern, keine menschliche Stimme, nicht einmal erahnbare Geräusche; nur ein Traum aus flirrender Hitze, bizarren Formen und unergründlichen Farben. Kein Ort dieser Welt konnte jemals eine solche Stimmung erzeugen. Der Sinai ist biblischen Land !!
Die Halbinsel Sinai wird im Norden vom Mittelmeer begrenzt und stößt mit spitzem Winkel im Süden in das Rote Meer. Im Osten wird die Halbinsel durch den Golf von Aquaba und die Grenze zu Israel und im Westen durch den Golf von Suez und des Suezkanal eingeschlossen. Die Gesamtfläche beträgt ca. 50 000 qkm mit 750 km Küstenlänge. Auf dem Sinai leben etwa 180 000 Menschen, vorwiegend in den größeren Städten entlang der Küstenstreifen. Ungefähr 50 000 Beduinen (halbnomadisch) betreiben in den vielen Oasen minimalistische Landwirtschaft und rudimentäre Viehzucht. Der Sinai ist in zwei Verwaltungsbezirke aufgeteilt; der Nordsinai mit der Verwaltungshauptstadt El-Arisch und der Südsinai mit der Verwaltungshauptstadt El-Tor. Nach dem israelisch-arabischen Krieg 1956 stand der Sinai unter ägyptischer Grenzverwaltung bis Israel 1967 die Halbinsel besetzte. In den Jahren 1974 und 1975 erhielt Ägypten durch zwei Abkommen mit Israel (wohl auch unter dem Eindruck des Jom-Kippur Krieges von 1973) Gebietsstreifen östlich des Suezkanals zurück. Der ägyptisch-israelische Friedensvertrag von 1979 sicherte Ägypten die stufenweise Rückgabe der gesamten Halbinsel bis zum Jahr 1982.
Eine Reise durch den Sinai ist überaus beeindruckend, von einer Tour auf eigene Faust kann allerdings nur abgeraten werden. Die einzelnen Ziele sind ohne genaue Ortskenntnis und entsprechendem Fahrzeug nur sehr schwer zu erreichen. Ganz zu schweigen von den unzähligen Kontrollen, die mit viel Palaver, dem Austausch diverser Papiere und Pfundnoten passiert werden müssen. Das "normale" Visa für Ägypten gilt auch nicht für den Sinai und das so genannte "Sinaivisa" gilt umgekehrt auch nicht für Ägypten. Vor Reiseantritt sollte die Reiseroute also abgeklärt sein und die notwendigen Unterlagen vorliegen. Bei Pauschalreisen, die den Sinai beinhalten, muss man sich darüber aber keine gesteigerten Gedanken machen; die örtlichen Reisegesellschaften regeln dies bereits bei der Einreise. Abgesehen davon, dass die Halbinsel Sinai Schauplatz des biblischen Exodus war, kann dort Landschaft pur bewundert werden. Und genau dies hat uns nachhaltig beeindruckt. In den Sommermonaten (März - Oktober !!) liegen die Temperaturen freilich jenseits der westeuropäischen Schmerzgrenze. Wir erlebten 1999 im September sage und schreibe 56° Celsius im Schatten und so bekam die ganze Geschichte schon etwas alptraumhaftes. Esoterisch veranlagte Zeitgenossen werden wohl in der Verbindung von dramatischer Hitze, archaischer Umgebung und völliger Stille ihre wahre Freude haben. Die Nächte können dann allerdings empfindlich kalt werden; aber auch dies muss für Westeuropäer relativiert werden, beim Aufstieg auf den Mosesberg sank die Temperatur Ende Oktober und gegen 4 Uhr Morgens lediglich auf 18° Celsius. Der Mosesberg, der Gebel Musa, unweit des Katharinen Klosters im Südsinai ist nach allgemeiner Auffassung jener Berg, auf dem Moses die Zehn Gebote aus Gottes Hand erhalten haben soll. Insoweit bewegt man sich also auf heiligem Boden. Im übrigen ist diese Besteigung auch ein Erlebnis der besonderen Art. Sie beginnt um 2 Uhr in der Nacht und dauert, je nach Ausdauer, zwischen 3 und 4 Stunden, wobei man die Auswahl an zwei verschiedenen Wegen hat. Der sportbegeisterte Ausdauertourist schlägt den kürzeren Weg über 3750 (!!) mehr oder weniger sichtbare Stufen ein, die ein Mönch des Klosters eigenhändig in den Fels gehauen haben soll. Alle übrigen versuchen den angelegten Weg, der zunächst -anstrengend genug - stetig Bergauf von ca. 1500 Metern bis zum sog. Eliasplateau auf ca. 2000 Metern führt. Dort treffen sich die beiden Besteigungswege und die letzten 285 Höhenmeter gilt es dann über weitere 750 (!!) Felstreppen bis zum Gipfel auf 2285 Metern zu erklimmen. Für Leute, die nicht gut zu Fuß sind, ist diese Geschichte definitiv nicht zu empfehlen und ohne Taschenlampe ist man hoffnungslos verloren, nicht nur weil es dunkel ist, sondern auch weil die übrigen Touristen (aus welchen Gründen auch immer) jegliche Zurückhaltung verlieren und jede dunkle Gestalt hemmungslos überrennen. Der Autor dieser Zeilen hatte mit seinen 107 Kilos jedenfalls seine rechte Mühe und behalf sich nach zwei Stunden Marsch dankend (20 Pfund) mit einem, von den ständig präsenten Beduinen angebotenen Kamelen bis zu dem genannten Eliasplateau, obwohl - das arme Tier ... 107 Kilo ... na gut. Der Gipfel wird von der Dreifaltigkeitskapelle und einer kleinen Moschee bekrönt und spätestens bei Sonnenaufgang (abgesehen von der biblischen Vergangenheit des Berges) rückt der anstrengende Aufstieg in den Hintergrund. Der Sonnenaufgang über den Bergsitzen des Sinai ist wahrlich beeindruckend und ein unvergessliches Erlebnis. Ein kleiner Wehrmutstropfen aber bleibt, zumindest bei unserem Trip, Dutzende japanischer Touristen quäkten und jodelten was das Zeug hielt, was total nervte und auch unangebracht war. Nix gegen Japaner, aber konstruktive Kritik muss erlaubt sein.
In den letzten Jahren wurden etliche Bücher zum biblischen Exodus veröffentlichet, in dem der Mosesberg ja eine zentrale Rolle einnimmt. Mittlerweile wird bezweifelt, dass der Gebel Musa tatsächlich der Berg war, der in der Bibel beschrieben wird. Die Alternativen, die seitens der verschiedensten Autoren genannt werden, sind allerdings mindestens genauso umstritten wie der Gebel Musa selbst. Praktisch jede Erhebung auf dem Sinai wird irgendwo als Möglichkeit genannt und jeder Autor ist natürlich von seiner eigenen Theorie überzeugt, ohne aber den letztendlich schlüssigen Beweis antreten zu können. Die jüngste Veröffentlichung zu diesem Thema verlegt den Mosesberg gar nach Saudi Arabien. Nun gut - sei es wie es ist, der Berg selbst und seine Besteigung incl. Sonnenaufgang sind ein Erlebnis, dass es zu erleben gilt wenn sich die Möglichkeit bietet.
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Das Katharinen Kloster liegt bereits in 1570 Metern Höhe und gleicht einer bewehrten Festung. Gut zu erkennen ist der Glockenturm der Justinianischen Basilika und der später hinzugefügte und dem Felsmassiv südwestlich zugewandte Gästeflügel, der auch die weltberühmte Bibliothek, die Ikonengalerie, die Amtsräume des erzbischöflichen Klosterabtes und das neue Refektorium beheimatet |
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Direkt hinter dem Chor der Basilika befindet sich eine weitere Apsis mit der so genannten Kapelle des brennenden Dornbusches. Die Apsis ist mit blauen Kacheln ausgekleidet und gilt als einziges Überbleibsel der Wehrkirche der heiligen Helena. Der Raum darf - wenn überhaupt - nur barfuss betreten werden. Das Bild zeigt den Ginsterbusch direkt hinter der Apsis und noch innerhalb der Klostermauern. Dieser Busch gilt der Überlieferung nach als ein Ableger des brennenden Dornbusches und soll ohne jegliche Feuchtigkeit das gesamte Jahr über grüne Blätter tragen. Bei unseren mittlerweile 5 (!) Besuchen, in dem Kloster waren die Blätter in der Tat grün - ob er gegossen wird konnten wir leider nicht feststellen. |
Das Katharinen Kloster liegt bereits in 1570 Metern Höhe und gleicht einer bewehrten Festung. Gut zu erkennen ist der Glockenturm der Justinianischen Basilika und der später hinzugefügte und dem Felsmassiv südwestlich zugewandte Gästeflügel, der auch die weltberühmte Bibliothek, die Ikonengalerie, die Amtsräume des erzbischöflichen Klosterabts und das neue Refektorium beheimatet.
In erster Linie ist der Sinai durch archaische und beeindruckende Landschaften geprägt; Sehenswürdigkeiten im klassischen touristischen Sinn sind eher selten - das Katharinen Kloster und den "Mosesberg" einmal ausgenommen. Eine dieser Landschaften ist der Coloured Canyon, unweit von Nuweiba. Ihren Namen hat die beachtliche Felsschlucht von den wunderbar bunten Gesteinsschichten, die den Fels durchziehen. Zum Einen sind diese Farbenspiele auf Mangan- und Eisenerzspuren zurückzuführen und zum Anderen eben auf die unterschiedlichen Gesteinsarten. Insbesondere in der Morgen- und Abenddämmerung sind wirklich wunderschöne Farbenstimmungen erlebbar. In den Coloured Canyon werden so genannte Safaris angeboten, die den Amateurabenteurer zunächst mit Jeep oder Kamel zum Canyon bringen und ihm dann eine gehörige Portion Fußmarsch abverlangen. Es geht bergab und bergauf durch die Schlucht und es geht durch extrem enge Stellen (zumindest nach Definition des Autors), die nicht nur schweißtreibend sind, sondern vor allen Dingen "kilobelasteten" Zeitgenossen wie mir die letzten Haare zu Berg stehen lassen. Eine recht anstrengende Geschichte das Ganze - aber sehr interessant und beeindruckend - und auch ein ganz klein wenig richtig abenteuerlich.
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Das Bild auf der linken Seite zeigt einen Ausschnitt des Coloured Canyon unweit von Nuweiba im Südsinai. Die rechte Seite zeigt die sog. "Augen" des Canyon. Hier werden die bunten Gesteinsschichten eindrucksvoll sichtbar |
Die oft in diversen Reiseführern genannten Mosesquellen, (Ain Musa) in relativer Nähe zum Golf von Suez, dagegen, werden wohl regelmäßig eine Enttäuschung sein. Es gibt kaum etwas zu sehen und die kläglichen Reste sind nahezu ständig versandet.
Schon sehenswerter ist die Pharaoneninsel (Djesiret Pharaun), sie liegt am nördlichen Ende des Golfs von Aqaba und direkt vor der Ostküste des Sinai und wird beinahe vollständig mit des Resten einer Festungsanlage von Saladin eingenommen. Die kleine Korallenbedeckte Insel soll mit Ezjon Geber, einem in der Bibel erwähnten Ausfuhrhafens Salomons identisch sein.
Am Fuße eines auffälligen Bergrückens und in unmittelbarer Näher der Westküste der Halbinsel Sinai bei Abu Zenima ergießen sich kochend heiße Schwefelquellen ins Meer. Dieser Ort war wohl bereits zu Pharaonischen Zeiten bekannt, denn sein einheimischer Name Hamman Pharaun bedeutet nichts anderes als "Bad des Pharaos".
Erwähnung finden sollen auch noch das Wadi Feiran, am Fuß des Gebel Serbal, des dritthöchsten Berges (2070 Meter) Halbinsel und das Wadi Maghara in der Küstenebene des Roten Meeres. Das Wadi Feiran ist eine berühmte Oase und die größte des Sinai obendrein. Hier erreicht die alte römische Straße durch den Sinai ihren südlichten Punkt und hier soll auch das in der Bibel erwähnte Rediphim existiert haben. In jüngerer Vergangenheit war die Oase eine bedeutende christliche Siedlung und auch Bischofsitz. Noch heute können die Überreste verschiedener Kirchenbauten und einem Nonnenkloster (!!) ausgemacht werden. Die wenigen Nomade, die zeitweise in der Oase leben, nehmen davon allerdings nur wenig Notiz. Im Wadi Maghara befanden sich einst die bedeuternsten Pharaonischen Türkisminen, die bereits im Alten Reich ausgebeutet wurden. Aus dieser Zeit (3. Dynastie) stammt auch eine überdimensionale Darstellung von Pharao Sechemchet, die eindrucksvoll zeit, wie er seine Feinde bezwingt und niederwirft.
Die Orte direkt an den Küsten des Roten Meeres und auch des Mittelmeeres sind wohl eher der Entspannung, dem Wassersport im allgemeinen und dem Tauchen im besonderen vorbehalten. Wunderschöne Strände, herrliches Wasser und garantiert klasse Wetter - was will man mehr. Besonders gut hat es uns in Dahab und Nuweiba gefallen. In Sharm El-Sheikh ist deutlich mehr los, aber dafür ist die Auswahl an Hotels größer und auch die Infrastruktur besser ausgebaut.
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