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01. März 2007

 

Eine Prolog oder eine "ägyptische" Einführung ...


Die nur wenig über dem westlichen Horizont stehende Sonne verlieh der Tempelanlage von Heliopolis durch ihren violetten Schimmer eine Aura des Unwirklichen, des Magischen. Im Atum-Tempel, der inmitten des 900 mal 1000 Meter messenden und mit einer beinahe 30 Meter dicken Ziegelmauer umgebenen Tempelbezirks lag, war für die bevorstehende Zeremonie schon alles vorbereitet. Die 70 Tage der Trauer waren vorüber und die Sem Priester hatten den Körper des verstorbenen Pharaos einbalsamiert, mit duftenden Ölen und wertvollem Schmuck versehen. Zum Zeichen seiner königlichen Würde waren die Arme über der Brust gekreuzt und unter die oberste Schicht der einen Binden schoben die Priester das königliche Pektoral. Es war alles vorbereitet und der tote König konnte die Fahrt durch die 12 Stunden der Duat, der Unterwelt, antreten, um als Re-Harachte wieder geboren zu werden.

Der Trauerzug durchschritt die von Westen kommende Sphinx-Allee und steuerte auf den Eingangspylon des Tempelbezirks zu. Die Große Königsgemahlin, die seit dem Tod des Königs mit Hilfe der Atum-Priester die Staatsgeschäfte dirigierte, führte, von Sem Priestern auf ihrer Sänfte getragen, den Leichenzug an. Sie trug das blaue Eng anliegende Gewand der Trauer, ihre Perücke war mit Kornblumen aus Türkis und Lapislazuli geschmückt. Ein einzelner riesiger Jaspis hing auf ihre braune Stirn und über der Perücke trug sie ein Kobra Diadem. Über ihren Schultern hing lose ein kurzer, Rotgesäumten Umhang.

Tausend Priester in weißen Gewändern bewachten während der letzten Tage den Sarkophag und begleiteten ihn auch heute zur Ruhestätte des verstorbenen Königs, unweit des Atum Tempels. Ihre Kahlgeschorenen und eingeölten Köpfe glänzten in der untergehenden Sonne wie in Messing getauchte Melonen. Der Sarg wurde auf der königlichen Barke über einen Stichkanal des Nil zur Anlegestelle des Tempelbezirks gebracht und auf den Goldüberzogenen und mit getrockneten Hibiskusblüten geschmückten Schlitten umgeladen, der, wie es Brauch war, von sechs roten Ochsen gezogen wurde. Neben dem Sarg standen die vier Kanopengefäße aus weißem Alabaster, gekrönt von den Köpfen der Horussöhne. Sie enthielten die Eingeweide des Pharaos und bildeten die wichtigste Grabbeigabe. Dem Sarg folgten schweigend die Tempeltänzer unter ihren Baldachinen und die Haremsfrauen, die wehklagten und sich aus den Körben, die sie trugen, zum Zeichen der Trauer und Verzweiflung Asche auf die Perücken streuten. Dann folgten die Bediensteten, Aufseher und Küchensklaven, die nach der Zeremonie für das Beisetzungsfestmahl zuständig waren. Der Hofstaat schwebte hinter dem Leichenzug her wie bunte Blütenblätter. Fast hatte es den Anschein, ein Jeder, ob Beamter, Hofdame oder Schreiber, wolle sich im leichten Wind emporschaukeln und die letzten Strahlen des Re für die eigene Metamorphose nutzen.

Die Prozession erreichte die Umfassungsmauer der Tempelanlage. Auf den letzten 200 Metern bis zum Atum-Tempel, in dem das Begräbnisritual inszeniert wurde, begannen die Atum-Priester ihren eintönigen Gesang, der sich wie ein bleierner Schleier über die ganze Szene legte. Am Tempel angekommen, wurde der Sarg von den 20 ranghöchsten Priestern von dem Schlitten genommen und durch den Eingangspylon und die Weihrauchverklärte Vorhalle des Tempels in das Allerheiligste gebracht, wo er an der östlichen Wand aufgestellt wurde, um dem toten König den Blick nach Westen zu gestatten, nach Westen, in Richtung des Totenreiches, welches der König nach der Zeremonie durchschreiten musste, um wieder geboren und endgültig zum Gott zu werden. Die Königsgemahlin saß wenige Schritte entfernt auf einem vergoldeten Schemel. Außer ihr selbst hatten nur die Priester Zugang zu diesem heiligen Ort, alle Anderen mussten in der Vorhalle warten und sie konnte dumpf den Widerhall der Wehklagen der Haremsfrauen hören. Vom obersten Sem-Priester, der über seinem ölig glänzenden Körper ein Leopardenfell trug und Anubis, den Gott der Einbalsamierer symbolisierte, wurde die Mundöffnungszeremonie vorbereitet. Erst danach konnte der Sarkophag zum eigentlichen Königsgrab gebracht werden, welches nur wenige Meter westlich des Atum-Tempels angelegt wurde. Er rief Atum an und beschwor ihn, die Seele des Königs durch die beschwerlichen Stunden auf dem Weg durch die Welt der Toten zu begleiten. Dann sprach er die geheiligten Worte, die dem Ka des Königs auf dem Weg durch die Duat die Augen eines Adlers verleihen sollten und öffnete anschließend symbolisch mit dem zeremoniellen Stab den Mund des Königs, um ihn für die Luft- und Nahrungsaufnahme in seinem nächsten Leben vorzubereiten. Begleitet wurde die Zeremonie von den monotonen Gebeten der Priester und dem beinahe bedrohlich wirkenden Klagen der Haremsfrauen in der Tempelhalle. Draußen kam der Abend in violett und blau und Re versank am westlichen Horizont, ohne Spuren zu hinterlassen.

 

 

 

 

 

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